Treiber und Hemmnisseder Umsetzung der Kraft-Wärme-Kopplung

Die Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) in kleine und mittlere Unternehmen der Galvanotechnik stellt ein erklärtes Ziel des Landes Baden-Württemberg und des Forschungsprojekts GalvanoFlex_BW dar. Als komplexe Energieeffizienzmaßnahme stellt die KWK erhöhte Anforderungen an die Unternehmen und das professionelle Umfeld (Beratung, Service, Handwerk, Contracting). Hemmnisse zur Umsetzung der KWK finden sich daher sowohl innerhalb der Unternehmen als auch außerhalb. Welche Hemmnisse bei der Umsetzung der KWK in der Galvanik eine Rolle spielen und welche Empfehlungen die Forschungspartner zu deren Überwindung abgeben, geben die Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung Auskunft.

Die KWK stellt zweifellos das Gegenteil einer niederschwelligen Energieeffizienzmaßnahme dar. Gerade im Kontext der Galvanotechnik handelt es sich um eine Maßnahme hoher Komplexität. Die Entscheidung für den Einsatz der KWK ist mithin reich an Voraussetzungen und Konsequenzen, von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Im Rahmen der sozialwissenschaftlichen Begleitforschung wurde eine Reihe von Aspekten identifiziert, die eine Entscheidung für die KWK in KMU der Galvanik hemmend oder treibend beeinflussen. Wie in der Abbildung ersichtlich, wurden diese Aspekte in sieben Kategorien unterteilt. Die Darstellung der Barrieren konzentriert sich im Folgenden auf die verallgemeinerbaren internen und externen Aspekte. Dies bedeutet jedoch keine Geringschätzung der fallspezifischen Faktoren. Im Gegenteil müssen fallspezifische Faktoren als größtes Hemmnis der Auseinandersetzung mit der KWK in den Unternehmen betrachtet werden. Verkürzt ausgedrückt lässt sich der überwiegende Teil dieser Faktoren unter den Schlagworten „andere Prioritäten/keine Zeit“ zusammenfassen. Im Rahmen eines Workshops am 5. Nov. 2019 an der Hochschule Reutlingen wurde von den Projektpartnern über jene systematischen Hemmnisse und mögliche Lösungen diskutiert.

Abbildung 1: Workshop der Forschungspartner im Projekt GalvanoFlex_BW an der Hochschule Reutlingen
Abbildung 2: Darstellung der identifizierten Hemmnisse im Projekt GalvanoFlex_BW

Soziotechnik

Aufwand und Ressourcenbindung

Als komplexe Energieeffizienzmaßnahme erfordert die KWK einen hohen personalen und organisatorischen Aufwand. Ein typischerweise langer Planungs- und Umsetzungsprozess bindet häufig kritisches Personal. Ein Vorhaben wie die Implementierung der KWK steht in diesem Kontext im internen Wettbewerb mit anderen betrieblichen anderer Vorhaben. Insbesondere KMU verfügen nicht über die personalen Ressourcen mehrere Projekte parallel stemmen zu können. Dazu kommt, dass kleine Galvanikbetriebe als Dienstleister bzw. Lohnbeschichter häufig bereits mit dem Tagesgeschäft hinreichend ausgelastet sind. Die Nutzung von Contracting-Angeboten (Z.B. Energiespar- oder Energieliefer-Contracting) stellt sich dagegen aus der Sicht der Forschungspartner als wesentlicher Ausweg der Ressourcenproblematik dar. Jedoch werden auch bei umfassender Externalisierung interne Ressourcen benötigt (z.B. für Datenbereitstellung, Koordinierung).

 

Multifunktion und -Nutzen

Gleichwohl der wirtschaftliche Nutzen der KWK aus der Sicht der Unternehmen verständlicherweise das wichtigste Kriterium ist, sind es auch weitere Funktionen, welche die KWK für das Unternehmen erfüllen kann. Aus technisch-wirtschaftlicher Sicht bietet der Einsatz der KWK die Möglichkeit der Optimierung des Lastmanagements oder die Anbindung an weitere Erzeugungssysteme. Im Einzelfall kann die Risikominimierung mittels KWK (Notstrom, Gewährleistung Netzstabilität) von besonderem Interesse sein. Aus organisatorisch-strategischer Sicht bietet die KWK weiteren potentiellen Nutzen für ein Unternehmen der Galvanik. Energieintensive Branchen wie die Galvanik sind der zunehmenden ökologischen Erwartung der Gesellschaft ausgesetzt. Die KWK bietet Unternehmen die Möglichkeit, ihren CO2-Fußabdruck wesentlich zu senken und zugleich einer zukünftigen CO2-Bepreisung aktiv zu begegnen. Daneben kann eine positive ökologische Außendarstellung anhand der eingesparten Energieträger im Zuge des Einsatzes der KWK besonders plastisch vorgenommen werden. Seitens der Projektpartner wird jedoch davon ausgegangen, dass die Nutzungsmöglichkeiten des Einsatzes der KWK häufig nicht bekannt sind. Zugleich wird jedoch davon ausgegangen, dass ein über die Wirtschaftlichkeit hinausgehender Nutzen zumeist nur einfallspezifisch betrachtet werden kann.

 

Transparenz der Produktions- und Energieprozesse

Eine hinreichende Erfassung der Produktions- und Energieprozesse und deren Interpretation ist nicht weniger als eine Notwendigkeit zur Entscheidungsanbahnung und -findung zu Gunsten der KWK. Zugleich zeigt sich die Energie- und Prozessdatenerfassung als Herausforderung für KMU. Insbesondere der flexible Betrieb der KWK setzt Unternehmen als „Energiedatenerfassungsbetriebe“ voraus. Die hinreichende Digitalisierung der Produktionsprozesse stellt sich mithin als Notwendigkeit zur Integration und Optimierung der KWK dar. Aufwand und Möglichkeiten der Digitalisierungsmaßnahmen werden jedoch von der jeweiligen materiellen und technischen Ausstattung in den einzelnen Unternehmen bestimmt. Unabhängig davon herrscht unter den Projektpartnern Konsens, dass die institutionelle Förderung der Digitalisierung in industriellen Unternehmen die technisch-organisatorischen Randbedingungen für den Einsatz komplexer Energieeffizienzmaßnahmen wie die KWK indirekt verbessern hilft und verstärkt werden sollte.

Wirtschaftlichkeit/Finanzierung

Identifikation der Einsparpotentiale

Die mangelnde Identifikation von Einsparpotentialen in KMU wird im empirischen Studien häufig als wesentliches Hemmnis der Adoption energieeffizienter Technologie betrachtet [1]. Die Identifikation der Einsparpotentiale mittels KWK bezeichnet grundsätzlich zwei Seiten einer Medaille. Zum einen müssen hinreichende Produktions- und Prozessdaten vorliegen, die eine Einschätzung ermöglichen. Zum anderen müssen Funktion und Nutzen der KWK ausreichend bekannt sein, um deren Effekte einschätzen zu können. Im Zusammenhang mit den oben genannten Aspekten ergibt sich ein problematischer Zirkel: Eine mangelnde Transparenz der Produktions- und Energieprozesse und ein mangelndes Verständnis der KWK-Technologie erschweren die Identifikation von Einsparpotentialen, die wiederum die Basis für die Entscheidung über Maßnahmen sein sollte. Diesem Hemmnis kann aus der Sicht der Projektpartner nur durch eine aktive Bewerbung über den Nutzen und der Wirtschaftlichkeit der KWK begegnet werden – sowohl seitens der Marktteilnehmer als auch vermittelnden Instanzen (z.B. Verbände und Kammern)

 

Finanzieller Aufwand

Die Investition in die KWK kann insbesondere für kleine Unternehmen der Galvanik einen erheblichen finanziellen Aufwand bedeuten. Kapitalverfügbarkeit und finanzieller Aufwand werden in einer Reihe von Studien als wesentliche Hemmnisse für Investitionen in Energieeffizienztechnologie festgehalten [2]. Angesichts dessen liegt die Annahme nahe, dass vor allem die Kosten der KWK das größte Hemmnis für Unternehmen darstellen – Noch mehr womöglich, betrachtet man die vor dem Betrieb anfallenden Opportunitätskosten bei der Sondierung, Planung oder Suche nach externer Unterstützung. Nach Einschätzung der teilnehmenden Partner im Reallabor erscheint der finanzielle Aufwand hingegen als geringes Hemmnis. Sofern die Wirtschaftlichkeit als positiv prognostiziert werden kann, sei die Finanzierung der KWK ein durchaus bewältigbarer Akt für KMU der Galvanik. Anhaltend günstige Kreditzinssätze und verfügbare Möglichkeiten der finanziellen Förderung stellen hierbei günstige Bedingungen dar. Vor diesem Hintergrund seien womöglich eine mangelnde Risikobereitschaft unter den Entscheidungsträgern verbunden mit einem mangelnden Interesse am System KWK ein größeres Hemmnis als der finanzielle Aufwand.

 

Investitionsamortisation

Sowohl die notwendigen komplexen Prognosen zur Wirtschaftlichkeit wie auch die Wahl der „richtigen“ Kennzahlen stellt sich dabei als Hemmnis bei der Bewertung der KWK dar. Insbesondere im betriebsinternen Wettbewerb gegenüber anderen möglichen Investitionen können diese Aspekte den Ausschlag zu Ungunsten der KWK geben. Bei Betrachtung der Wirtschaftlichkeit mittels ROI (Return on Investment) der KWK wird von den Projektpartnern eine Amortisationsdauer von 4 Jahren als angemessen eingeschätzt. Gleichwohl wurde im Rahmen des Workshops von den Teilnehmern kritisch diskutiert, ob der ROI überhaupt eine taugliche Kennzahl für die Wirtschaftlichkeitsberechnung der KWK darstellt. Die Berücksichtigung des Internen Zinsfuß (IRR – Internal Rate of Return) würde sich dagegen als passendere Kennzahl erweisen und die Wirtschaftlichkeit der KWK realistischer und zugleich attraktiver abbilden. Eine dogmatische Bindung an den ROI als alleinige Kennzahl zur Wirtschaftlichkeitsberechnung der KWK sollte aus der Sicht der Projektpartner daher zurückgewiesen werden.

Organisation/Strategie

Stellenwert von Energieeffizienz für das Unternehmen

Ausgehend von der klassisch soziologischen Prämisse, dass die Bedeutung, die Menschen Dingen beimessen, die Grundlage für ihr Handeln bildet [3], erscheint die Frage nach der Bedeutung von Energieeffizienz für ein Unternehmen und ihr Effekt auf betriebliche Entscheidungen beachtenswert. Die Einschätzung der Projektpartner über die Relevanz des Stellenwerts von Energieeffizienz für ein Unternehmen der Galvanik zeigte sich dabei ambivalent. Einerseits wird ein hoher Stellenwert als entscheidend für die Bereitschaft der Umsetzung der KWK betrachtet. Zum anderen wird davon ausgegangen, dass häufig Lieferfähigkeit und Produktqualität eine wichtigere Rolle als Energie als Energie spielen –Maßnahmen zur Energieeinsparung werden häufig nur als Randthema behandelt. Steigende Energiepreise, eine mögliche CO2-Bepreisung und steigender Wettbewerbsdruck sollten dagegen den Stellenwert von Energieeffizienz zunehmend steigern.

Personalintegration

Die Komplexität der KWK als Energieeffizienzmaßnahme stellt sich – auch bei externer Unterstützung – als Teamaufgabe im Unternehmen dar. Die Einbindung von technischem, organisatorischem und kaufmännischem Personal stellt eine organisatorische Bedingung für den Einsatz (von der Planung bis zum Betrieb) der KWK dar. Dementsprechend verlangt die KWK von den Unternehmen sowohl entsprechende Strukturen als auch eine kooperative Unternehmensführung. Insbesondere „Schlüsselpersonen“ (z.B. Personal mit hinreichenden Kompetenzen und Interesse an der Technologie) können hierbei im Einzelfall eine treibende Rolle spielen.

Energiemanagement

Energiemanagement wird allgemein als wichtiger Treiber zur Steigerung von Energieeffizienz und der Diffusion energieeffizienter Technologie betrachtet [4, 5]. Dabei muss das Betreiben von Energiemanagement nicht notwendigerweise mit dem normgerechten Energiemanagementsystem ISO 50001 gleichgesetzt werden – zumal eine Zertifizierung aufgrund des hohen Aufwandes für KMU häufig nicht angestrebt wird. Nichtsdestoweniger muss Energiemanagement – verstanden als strategisches Management von Energie verknüpft mit der Einbindung und Sensibilisierung der Mitarbeiter und der Nutzung eines breiten Spektrum verschiedener Maßnahmen [12] – ein wesentlicher Treiber zur Umsetzung der KWK betrachtet werden. Die Förderung von Energiemanagement in KMU der Galvanik würde demnach dazu beitragen, günstige organisationale Bedingungen zu schaffen, um eine komplexe Energieeffizienzmaßnahme wie die KWK erfolgreich umsetzen zu können.

Kompetenzen/Awareness

Individuelle Awareness, Kompetenzen und Interessen

Trotzdem die Umsetzung der KWK eine Teamaufgabe im Unternehmen darstellt, bedarf es dem individuellen Einsatz und Commitment der Unternehmensführung. „Energiesparen muss Chefsache sein“, brachte es ein Workshop-Teilnehmer auf den Punkt. Insbesondere in inhabergeführten KMU herrscht in der Regel eine starke Entscheidungszentralisierung. Ein mangelndes Interesse für die Technologie und deren Zusammenhang bedeutet in diesem Zusammenhang ein erhebliches Hemmnis. Hingegen sind individuelle Erfahrung mit anderen ähnlichen Maßnahmen und ein hohes Interesse an der Technologie ein starker Treiber der Entscheidung für die KWK.

Prozess- und Energiedatenkompetenz

Oben wurde bereits angemerkt, dass eine hinreichende Transparenz der Produktions- und Energieprozesse eine Notwendigkeit der Entscheidungsanbahnung bis zur Umsetzung der KWK bedeutet. Die Betrachtung eines Galvanikunternehmens als „Energiedatenbetrieb“ erfordert hinreichende Kompetenzen der Messtechnik, Datenerhebung und Dateninterpretation innerhalb der Betriebe, kurzum Digitalisierungsexperten Diese Expertise wird bei flexiblem und residuallast-angepassten Betrieb der KWK noch bedeutender. Der Problematik des Fachkräftemangels in mittelständischen Unternehmen wurde in diesem Zusammenhang von den Forschungspartnern problematisiert.

Suppliers/Service

Externe Unterstützung (Beratung, Fachfirmen, Handwerk)

Uneingeschränkter Konsens herrscht unter den Projektteilnehmern darüber, dass die Umsetzung und Verbreitung der KWK in KMU der Galvanik stark von der externen Unterstützung von Fachfirmen, Beratungsunternehmen und Handwerksbetrieben abhängig ist. Die Qualifikationsanforderung an externe Unterstützung wird dabei besonders hoch angesetzt, da neben dem vorausgesetzten Wissen über die state-of-the-art Technologie und den regulativen Rahmenbedingungen auch ein Verständnis der grundlegenden Prozesse der Galvanotechnik („Universalkompetenz“) gefordert wird. Hemmend wirkt sich in diesem Zusammenhang eine allgemein wahrgenommene „Beratungsinflation“ und schlechte Erfahrungen mit externen Akteuren aus. Die Herstellung institutioneller Qualifikationsstandards könnte aus der Sicht der Projektpartner eine Lösung zur Qualitätssteigerung der Energieberatung darstellen.

 

Contracting-Angebote

In Anbetracht der herausfordernden Natur der KWK für kleine Unternehmen der Galvanik, den oben genannten Hemmnissen und nicht zuletzt den fallspezifischen Faktoren – „andere Prioritäten/keine Zeit“ versprechen Contracting-Angebote, das geeignete Gegenmittel zu sein. Allgemein und seitens des Bundes wird Contracting daher als marktbasiertes Instrument großes Anwendungspotential zugestanden [7]. Auch unter den Projektpartnern herrscht Konsens über die Nützlichkeit von Contracting – Contracting sei die „Lösung vieler Probleme“ wie es einer der Workshop-Teilnehmer ausdrückt. Problematisiert wurde dagegen die häufig skeptische Haltung von Unternehmen. Das zwiespältige Image von Contracting-Angeboten ist angesichts der entlastenden Funktion sachlich nicht notwendigerweise einfach nachvollziehen. Als ein Grund wurde die verbesserungswürdige Vermarktung von Contracting festgehalten. Bereits der Begriff würde mitunter abschreckend wirken, die Etablierung eines zugänglicheren Begriffs könnte Unternehmen womöglich bereits zu größerem Interesse reizen.

Regularien/Förderungen

Regulative Rahmenbedingungen

In welchem politischen und ordnungsrechtlichen Umfeld der Einsatz von KWK-Technologien stattfindet, hat grundsätzlich Auswirkungen darauf, wie sich Unternehmen mit der Thematik auseinandersetzen – das zeigen Vergleiche zwischen europäischen Staaten [8]. Die Kenntnis der vielfältigen und komplexen gesetzlichen Rahmenbedingungen ist für die Planung und Umsetzung der KWK unverzichtbar. Insbesondere Praktiker sehen in diesen steuerlichen und ordnungsrechtlichen Aspekten daher häufig das größte als Hindernis für Investitionen. Wenngleich auch die Unternehmen die Perspektive einer Überregulierung teilen, wirken sich die regulativen Aspekte nur indirekt aus. Bei der Planung und Umsetzung durch Beratungsunternehmen oder Fachfirmen wird dieser Aspekt den externen Akteuren verantwortet. Dennoch: Im Kontext steigender Anforderungen an beschichtete Oberflächen und dem Umgang mit neuen gesetzlichen Vorschriften kann eine allgemeine Wahrnehmung der „Überregulierung“ bereits eine Ablehnung auslösen.

 

Förderungen

Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz in der Industrie (inkl. der KWK) werden auf Bundes- und Landesebene durch eine Reihe von Angeboten (z.B. Zuschüsse, Darlehen für Beratung und Investitionen) unterstützt. Unter den Projektpartner herrscht hierbei die allgemeine Wahrnehmung undurchsichtiger Förderinstrumente, der mangelnden Unterstützung bei der Suche nach Fördermitteln und einem ungünstigen Aufwand/Nutzen-Verhältnis. Die Einschätzung der Projektpartner deckt sich dabei mit den Ergebnissen einer Umfrage unter 500 industriellen KMU in Baden-Württemberg [6]. Gleichwohl und ähnlich wie oben, verlassen sich die Unternehmen in der Regel auf die Unterstützung externer Beratung zur Ausschöpfung von Fördermitteln. Zudem werden von finanzielle Anreize nicht als das kritische Kriterium bei der Entscheidung für die KWK betrachtet. Nichtsdestotrotz sollten Möglichkeiten der praktischen Förderinstrumente der KWK aus der Sicht der Projektteilnehmer für Unternehmen der Galvanik einfach verfügbar gemacht werden.

 

Informations- und Kompetenzangebote

Der Mangel an verfügbaren Informationen sind ein häufig genanntes Hemmnis der Adoption energieeffizienter Technologien [7]. In Anbetracht vielfältiger Informationsangebote – angefangen von der Einrichtung des Kompetenzzentrums KWK, Informationsbroschüren oder Webinaren vonseiten des Umweltministeriums Baden-Württemberg, bis zu den Informationen von Fachfirmen – muss doch festgehalten werden, dass zumindest grundlegende Informationen rund um die KWK-Technologie auch für Laien problemlos gewonnen werden können. Zwei Fragen rücken daher in den Vordergrund. Erstens: Über welche Kommunikationswege können Unternehmen der Galvanik womöglich effektiver auf die KWK als wirtschaftliche Energieeffizienzmaßnahme aufmerksam gemacht werden? Die verstärkte Einbindung von Kammern und Verbänden wurde dabei von den Projektpartnern als Lösung diskutiert. Zweitens: Wie bringt man die Unternehmen dazu, überhaupt nach Informationen zu suchen? In einer Umfrage unter 500 industriellen KMU in Baden-Württemberg gaben nur rund 30% der Unternehmen an, sehr oder eher aktiv nach Energieeffizienz-Maßnahmen zu suchen [6]. Eine Lösung dafür könnten proaktive Informationskampagnen von lokalen Institutionen (z.B. der Industrie- und Handelskammer) oder von Verbänden der Galvanik sein.

Treiber und HemmnisseZusammenfassung

Wie in Abbildung 3 ersichtlich, wurden die fallspezifischen Faktoren als größtes Hemmnis bei der Umsetzung der KWK identifiziert. Dem Outsourcing mittels Contracting wird daher das größte Potential zur Umsetzung der KWK in der Galvanik beigemessen, wenngleich dessen Image verbesserungsbedürftig eingeschätzt wird. Attraktive Angebote im Bereich Energiespar-Contracting und Energieliefer-Contracting speziell für die Galvanotechnik wären hierfür der Idealfall.
Mit Blick auf die externen Hemmnisse sollten Informationen zu den relevanten Regularien und Förderungen der KWK Unternehmen der Galvanik einfach zugänglich gemacht werden. Insbesondere die Informationsverbreitung über den Nutzen und Wirtschaftlichkeit der KWK in der Galvanik sollte vorangetrieben werden.
Wenngleich die externen Hemmnisse von den Projektpartnern bedeutender als die internen eingeschätzt werden, so sind gerade diese mitunter schwieriger zu überwinden, wie beispielsweise ein mangelndes Interesse der Geschäftsführung an Energieeinsparungen oder der Technologie. Mit Blick auf die Unternehmen lassen sich die diskutierten Hemmnisse unter der Parole „KWK-Reife“ zusammenfassen. Verstanden als die Fähigkeiten eines Unternehmens mit einer komplexen Energieeffizienzmaßnahme wie die KWK erfolgreich umsetzen zu können, beinhaltet sie: Energieeffizienz als wesentlichen Teil der Unternehmensstrategie, technisch-organisatorische Maßnahmen (z.B. Energie und Prozess-Monitoring), organisatorische Maßnahmen (Verteilung von Aufmerksamkeit und Verantwortung) und hinreichende individuelle Kompetenzen. Die „KWK-Reife“ von Unternehmen der Galvanik kann gefördert werden durch:

  • die Einführung von Energiemanagement- in den Unternehmen
  • die verstärkte Förderung der digitalen Transformation in Unternehmen der Galvanik
  • die institutionelle Förderung von Kompetenzen im Bereich digitaler Transformation und Technologiekompetenz (z.B. durch entsprechende Schwerpunkte in der Aus- und Weiterbildung)
  • die proaktive Verbreitung von Informationen zum Nutzen und Wirtschaftlichkeit der KWK in der Galvanik durch Verbänden, Kammern oder im Rahmen von Energieeffizienz-Netzwerken.
Abbildung 3: Darstellung der identifizierten Hemmnisse nach Relevanz

Nachweise

  • [1] Cagno, E.; Trianni, A., 2014: Evaluating the barriers to specific industrial energy efficiency measures: an exploratory study in small and medium-sized enterprises. Journal of Cleaner Production, 82, 70-83.
  • [2] De Groot, H.L.F; Verhoeff, E. T.; Nijkamp, P.; 2001: Energy savings by firms: decision-making, barriers and politics. Energy Economics, Vol. 23, 717-740.
  • [3] Blumer, H., 1986: Symbolic interactionism: perspective and method. University of California Press: California.
  • [4] Palm, J.; Thollander, P., 2010: An interdisciplinary perspective on industrial energy efficiency. Applied Energy, 87, 3255-3261.
  • [5] Schulze, M.; Nehler, H.; Ottosson, M.; Thollander, P., 2016: Energy management in industry – a systematic review of previous findings and an integrative conceptual framework. Journal of Cleaner Production, 112, 3692-3708.
  • [6] Löbbe, S.; König, W.; Büttner, S.M.; Schneider, C., 2019: Entscheidung für Energieeffizienz: Auswirkungen von Kultur, Verhalten und Technikdiffusion in produzierenden KMU in Baden-Württemberg. Hochschule Reutlingen. DOI: https://doi.org/10.34645/opus-2093
  • [7] Empirische Untersuchung des Marktes für Energiedienstleistungen, Energieaudits und andere Energieeffizienzmaßnahmen im Jahr 2018. Endbericht 2018 – BfEE 17/2017. https://www.bfee-online.de/SharedDocs/Downloads/BfEE/DE/Energiedienstleistungen/markterhebung2018.pdf
  • [8] Otto, F.; Otte, J.; 2009: Raatz, A, Untersuchung der Marktchance, Hemmnisse und Systemoptionen für Strom erzeugende Heizungen vor dem Hintergrund neuer nationaler und internationaler technischer Entwicklungen im Bereich der Kleins-BHKW im Hinblick auf zukünftig anstehende Neu- und Umstrukturierung der deutschen Stromversorgung. Fraunhofer IRB Verlag.